The Hill We Climb (Amanda Gorman) – wirhabendiewahl.net

The Hill We Climb (Amanda Gorman)

Es kann nicht oft genug geteilt werden: der Text, den Amanda Gorman bei der Vereidigung des neuen amerikanischen Präsidenten Joe Biden vortrug.

Wir müssen allerdings dazu sagen, dass dieser Text eigentlich nur im Original so richtig “funktioniert”. Die Text-Melodie, die Alliterationen, Wortspiele und der ganze “Stil”, also alle Elemente, die dieses sprachliches Kunstwerk insgesamt ausmachen, lassen sich nicht einfach 1:1 übersetzen.

Darum hier der Link zum Original: youtube.com/watch?v=CdKdyemxbew

Dennoch haben wir uns entschlossen, die Übersetzung hier zu veröffentlichen. Wir hatten eine eigene begonnen, uns dann durch diverse deutsche “Interpretationen” gelesen – und dann die Fassung des “7ten Flugblatts” für gut befunden. Wir danken dem 7ten Flugblatt für die tolle Arbeit!


Den Berg, den wir erklimmen
(THE HILL WE CLIMB)Von Amanda Gorman

(Englisches Original weiter unten)

Mr. President, Dr. Biden, Madam Vice President,
Mr. Emhoff, Amerikaner und die ganze Welt ….

Wenn der Tag anbricht,
werden wir uns fragen,
wo finden wir Licht
in diesem ewigen Schatten
dem Verlust, zu tragen,
dem Meer, zu durchwaten.
Wir trotzten dem Maul der Bestie
lernten dass ruhig nicht
stets auch friedvoll ist
Und die Normen, alles was Recht ist,
nicht immer das sind, was auch recht ist

Und doch der Morgen ist unser,
noch ehe wir’s wussten.
Irgendwie gelingt es,
Irgendwie haben wir bezeugt und durchstanden
eine Nation, nicht verloren,
nur noch nicht vollkommen.

Wir, die Erben eines Landes,
und die einer Zeit,
da ein schwarzes Mädchen,
Nachfahr‘ von Sklaven
erzogen allein von ihrer Mutter,
sich als Präsidentin träumen kann
nur um sich wiederzufinden,
wie sie einer Präsidentin dies vorträgt.

Und ja, wir sind nicht geschliffen,
noch unberührt
und doch sagen wir nicht,
lasst uns eine Einheit formen,
die vollkommen.
Wir sagen, lasst uns
Eine Einheit schmieden
zum gemeinsamen Ziel,
ein Land zu gestalten,
das sich verpflichtet
allen Kulturen, Farben,
Charakteren und
Arten des Menschseins

Und wir heben also den Blick,
nicht auf was zwischen uns steht,
sondern uns bevor.
Wir überbrücken die Kluft,
denn für den Vorrang der Zukunft,
stellen wir, was trennt, hintan.
So lassen wir die Waffen sinken,
und recken unsere Arme
einander zu umarmen.

Niemandes Schaden suchen wir
Und Eintracht aller.
Lasst die Welt, wenn sonst nichts,
sagen, dies ist wahr:
Wir wuchsen selbst in der Trauer,
Wir hofften selbst im Schmerz noch
Wir kämpften selbst im Ermüden;
Dass wir verbunden sind
Im Sieg, auf ewig.

Nicht weil wir nie mehr scheitern werden,
sondern nie mehr Zwietracht säen.
Die Bibel fordert diesen Traum:
Dass ein jeder ruhen möge
Unter seinem eig’nen Weinstock
Und Feigenbaum,
und niemand ihnen
Furcht einflöse.
Woll’n wir besteh‘n vor uns’rer Zeit
Wird’s nicht der Sieg sein
schnell das Schwert zu zücken,
der Sieg wird sein,
das Bau’n von Brücken.
Dieser Schwur ebnet den Berg
den wir erklimmen,
wenn wir’s wagen.

Denn Amerikaner sein,
ist mehr als Stolz zu teilen.
Es ist der mut’ge
Schritt zum Gestern,
s’ist wie wir seine
Wunden heilen.
Wir sah‘n eine dunkle Macht,
das Land erschüttern,
eh es zu teilen.
Sie wollt es zerstrümmern,
wenn’s die Wahl verzögert.
Doch Demokratie,
mag sie auch aufgehalten werden,
kann niemals ganz, kann nimmer sterben
In diese Wahrheit
und ihren Glauben,
werde wir vertrauen

Denn wo unser’n Blick wir auf die Zukunft richten,
richtet die Geschichte ihren Blick auf uns.
Dies ist die Ära der Erlösung,
die wir gefürchtet zu Beginn.
Wir fühlten uns nicht reif
als Erben dieser Schreckensnacht,
doch in ihr fanden wir die Kraft und Macht
ein neu’s Kapitel aufzuschlagen,
uns nicht das Lachen,
nicht die Hoffnung zu versagen.
Daher, auch wenn wir einstens fragten,
wie soll’n wir dem Unheil nur obsiegen,
sind wir gewiss nun:
Wie sollte je das Unheil siegen über uns?

Marschier’n wir nicht zu dem was war
Doch schreiten wir zu dem was wird:
Ein Land, zerschrammt
– und dennoch ganz,
von gutem Will’n,
doch tapfer auch,
voll Leidenschaft und frei.
Wir lassen uns nicht schrecken,
und niemand hält uns auf,
mit Angst und Furcht,
denn wir wissen,
die Trägheit uns’res Handelns
wird zum Erbe unserer Kinder.
Unsere Fehler ihre Bürde.
Doch ist das Eine sicher:
Wenn wir mit Gnade
Macht verschmelzen,
und Macht verschmilzt
mit Recht,
dann wird die Liebe
unser Erbteil,
und Wandel
das Geburtsrecht
uns’rer Kinder

So lasst dies Land ein Erbe sein,
ein bess’res als wir vorgefunden.
Mit jedem Atemzug
Aus meiner bronzefarb’nen Brust,
werden wir aus dieser
Welt der Wunden
Eine Welt der Wunder schaffen,
werden wir uns erheben
aus den goldbedeckten Bergen des Westens,
werden wir uns erheben,
aus dem windgepeitschten Nordosten,
wo uns’re Vorväter
die Revolution einst führten,
werden wir uns erheben,
von den seeumrandeten Städten des Mittwestens,
werden wir uns erheben,
aus dem sonnengebrannten Süden;
werden wir erneuern, vereinen, erstehen.
Und aus jedem Winkel der Nation,
jeder Ecke unseres Landes,
wird sich erheben unser Volk,
divers und wundervoll,
erheben, geprügelt
und doch wunderschön.

Wenn der Tag anbricht,
wir aus dem Schatten treten,
entflammt und ohne Furcht,
erblüht ein neuer Morgen,
den wir entfesseln.
Denn da ist immer Licht,
haben wir nur Mut genug,
um es zu seh‘n,
haben wir nur Mut genug,
es selbst zu sein.

 

Deutsche Nachdichtung im Auftrag des Siebten Flugblattes, mit Zusatz: Das Gedicht „The Hill We Climb“ von Amanda Gorman, das diese gestern bei der Vereidigung Joe Bidens rezitierte, liegt bereits als Prosaübersetzung vor. Damit wollten wir uns hier nicht zufrieden geben. Das Gedicht ist im Original in einer stark überhöhten, sperrigen Sprache geschrieben, die weder einem regelmäßigen Reimschema noch einem regelmäßigen Versmaß folgt, dafür stark mit Rhythmus und unreinen Reimen arbeitet, mit komplexen Wortspielen und Sprachbildern durchsetzt ist, die sich kaum übertragen lassen. Die lyrische Qualität wird zuallererst sichtbar im mündlichen Vortrag. In einer Prosaübersetzung entsteht in diesem Fall nur eine schwülstige politische Rede, und das ist nicht was Frau Gorman im Sinn hatte, wie uns scheint. Daher haben wir uns an einer deutsche Nachdichtung versucht, die sich zwar Freiheiten nimmt, aber doch als der Versuch einer ernsthaften Übertragung auch des lyischen Anspruchs zu verstehen ist. Die überlegene englische Fassung findet sich im Anhang.


 Original:

Mr. President, Dr. Biden, Madam Vice President, Mr. Emhoff, Americans and the World…

When day comes we ask ourselves,
where can we find light in this never-ending shade?
The loss we carry,
a sea we must wade
We’ve braved the belly of the beast
We’ve learned that quiet isn’t always peace
And the norms and notions
of what just is
Isn’t always just-ice

And yet the dawn is ours
before we knew it
Somehow we do it
Somehow we’ve weathered and witnessed
a nation that isn’t broken
but simply unfinished

We the successors of a country and a time
Where a skinny Black girl
descended from slaves and raised by a single mother
can dream of becoming president
only to find herself reciting for one

And yes we are far from polished
far from pristine
but that doesn’t mean we are
striving to form a union that is perfect
We are striving to forge a union with purpose
To compose a country committed to all cultures, colors, characters and
conditions of man

And so we lift our gazes not to what stands between us
but what stands before us
We close the divide because we know, to put our future first,
we must first put our differences aside
We lay down our arms
so we can reach out our arms
to one another
We seek harm to none and harmony for all
Let the globe, if nothing else, say this is true:
That even as we grieved, we grew
That even as we hurt, we hoped
That even as we tired, we tried
That we’ll forever be tied together, victorious

Not because we will never again know defeat
but because we will never again sow division
Scripture tells us to envision
that everyone shall sit under their own vine and fig tree
And no one shall make them afraid
If we’re to live up to our own time
Then victory won’t lie in the blade
But in all the bridges we’ve made
That is the promise to glade
The hill we climb
If only we dare

It’s because being American is more than a pride we inherit,
it’s the past we step into
and how we repair it
We’ve seen a force that would shatter our nation
rather than share it
Would destroy our country if it meant delaying democracy
And this effort very nearly succeeded
But while democracy can be periodically delayed
it can never be permanently defeated
In this truth
in this faith we trust

For while we have our eyes on the future
history has its eyes on us
This is the era of just redemption
We feared at its inception
We did not feel prepared to be the heirs
of such a terrifying hour
but within it we found the power
to author a new chapter
To offer hope and laughter to ourselves
So while we once we asked,
how could we possibly prevail over catastrophe?
Now we assert
How could catastrophe possibly prevail over us?

We will not march back to what was
but move to what shall be
A country that is bruised but whole,
benevolent but bold,
fierce and free
We will not be turned around
or interrupted by intimidation
because we know our inaction and inertia
will be the inheritance of the next generation
Our blunders become their burdens
But one thing is certain:
If we merge mercy with might,
and might with right,
then love becomes our legacy
and change our children’s birthright

So let us leave behind a country
better than the one we were left with
Every breath from my bronze-pounded chest,
we will raise this wounded world into a wondrous one
We will rise from the gold-limbed hills of the west,
we will rise from the windswept northeast
where our forefathers first realized revolution
We will rise from the lake-rimmed cities of the midwestern states,
we will rise from the sunbaked south
We will rebuild, reconcile and recover
and every known nook of our nation and
every corner called our country,
our people diverse and beautiful will emerge,
battered and beautiful

When day comes we step out of the shade,
aflame and unafraid
The new dawn blooms as we free it
For there is always light,
if only we’re brave enough to see it
If only we’re brave enough to be it

(c) Das siebte Flugblatt
Bild (c) #wirhabendieWahl

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